„Dark Stores“ als Antwort auf den steigenden Online-Lebensmittelhandel
- 2. November 2020
- By Jacky Marolleau
In den letzten Jahren hat E-Commerce in vielen Branchen an Beliebtheit hinzugewonnen, darunter auch in der Lebensmittelbranche. Wir konnten einen Anstieg des Anteils an mobilem E-Commerce sowie wichtige Ergänzungen von hybriden Ansätzen im Einkauf z. B. um BOPIS ( Online kaufen, Abholung im Laden), Abholung außerhalb der Filiale und Hauslieferung beobachten. In den letzten 6 Monaten wurde aus diesem stetigen Wachstum ein wahrer Trend. Laut einem aktuellen Digital-Report von Adobe, der im Forbes Magazine zitiert wurde (1), wird E-Commerce um 6 Jahre schneller ansteigen als im letzten Jahr erwartet. Die Online-Ausgaben insgesamt zogen im Mai 2020 um 77 % an, und BOPIS konnte um 195 % zulegen.
Ein Ende des E-Commerce-Booms ist derzeit nicht abzusehen. Für die Lebensmittelbranche bedeutet das eine höhere Notwendigkeit, ihren Schwerpunkt auf zwei Bereiche zu legen. Zum Einen muss sie eine echte, authentische Omnichannel-Kundenerfahrung zum Kernstück ihres Angebots machen. Zum Anderen muss sie in der gesamten Lieferkette die Effizienz steigern – von skalierbaren, flexiblen Technologien in Vertriebszentren (DCs), die bei Bedarf Flexibilität und Skalierbarkeit liefern, bis hin zur Nutzung von Dark Stores und Micro-Fulfillment-Centers (MFCs).
Dark Stores gleichen von ihrem Erscheinungsbild her physischen Lebensmittelläden (d. h. sie verfügen über ein voll bestücktes Produktlager), sind für Kunden aber nicht zugänglich. MFCs sind kleine Lagerhäuser, in denen in der Regel 15.000 bis 18.000 der beliebtesten SKUs eines Lebensmittelhändlers gelagert werden. Dark Stores und MFCs tragen dazu bei, die „letzte Etappe“ der Lebensmittellieferung zu verkürzen, indem sie die Nähe zum Kunden, wie ein Ladengeschäft sie bietet, und die Automatisierung eines Großlagers miteinander vereinen. Walmart, Kroger, Hy-Vee, Stop & Shop und andere Einzelhandelsunternehmen haben bereits mit der Einführung von Dark Stores begonnen. Die amerikanische Supermarktkette H-E-B hingegen startet gerade eine Initiative zum Bau mehrerer automatisierter MFCs, durch die die Lieferung und Abholung außerhalb der Filiale unterstützt werden soll.
Allgemein gesprochen bedeutet E-Commerce-Fulfillment höhere Kosten für den Wiederverkauf. Sollte diese Herausforderung uns noch lange Zeit begleiten – und alles deutet darauf hin, dass dies der Fall sein wird –, müssen Einzelhändler sich mit effizienteren Kommissionierungsoptionen in ihren Vertriebszentren, Dark Stores und MFCs beschäftigen. Der Schlüssel zur Erreichung dieses Ziels ist ein modernes, erstklassiges Lagerverwaltungssystem (WMS), das sich an das moderne Einkaufsverhalten anpasst.
Führende WMS-Technologien nutzen den sogenannten Order Streaming-Prozess, um das Wave- und Waveless-Fulfillment simultan auszuführen. Dadurch kann ein Lebensmittelvertriebszentrum die Ladenbestückung und Direct-to-Consumer-Bestellungen auf einer einzigen Plattform effizient abwickeln. Oder noch besser: Order Streaming berücksichtigt die Kapazitätseinschränkungen der gesamten Anlage und gibt dann Arbeit frei, um sicherzustellen, dass alle Ressourcen einheitlich und optimal genutzt werden – und zwar automatisch und ohne menschliches Eingreifen. Das System kann sogar Bestellungen mit hoher Priorität markieren und Bestand aus anderen Aufgaben ausleihen, damit die dringende Bestellung zuerst erfüllt wird, und ermöglicht Ihrem Lager so maximale Reaktionsschnelligkeit und Anpassungsfähigkeit. Kurz gesagt: Order Streaming vereint die Stärken der Batch-Effizienz mit der Bestellpriosierung des E-Commerce von zeitkritischen Bestellungen und bietet Lebensmittelhändlern so das Beste aus beiden Welten.
Ein weiterer kritischer Bereich ist die Fähigkeit, Automatisierung und Robotik zu nutzen. In den letzten paar Jahren investierten Lebensmittelvertriebszentren vermehrt in Automatisierung, um Lebensmittelkontrolle, Compliance und spezifische Anforderungen, wie beispielsweise den Produktfluss durch temperaturgeregelte Umgebungen, zu unterstützen. Viele Anlagen unterliegen jedoch Einschränkungen, insbesondere dann, wenn mehrere Automatisierungstypen zusammen verwendet werden. Das Ergebnis? Unnötige Technologieinvestitionen, ineffizient eingesetzte Mitarbeiter und verlängerte Lieferzeiten für Frischwaren. Der suboptimale Einsatz von Automatisierung wirkt sich negativ auf das Lebensmittel-Fulfillment aus, weil heute mehr denn je ein größeres Sortiment an Produkten ausgeliefert werden muss, um die Kundennachfrage in Läden und für Online-Lebensmittelbestellungen zu erfüllen.
Wie kann ein DC, Dark Store oder MFC sicherstellen, dass alle Automatisierungsarten im größtmöglichen Umfang genutzt und Aufträge so effizient wie möglich erfüllt werden? Ein integriertes WES (Warehouse Execution System) im WMS informiert Unternehmen in Echtzeit über die Kapazitäten aller Mitarbeiter und Maschinen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Auftragsabwicklung. Mit diesem Ansatz kann das Lebensmittelvertriebszentrum bewährte Lieferkettenprozesse mit modernen E-Commerce-Auftragsabwicklungsprozessen kombinieren. Sowohl Arbeit als auch Automatisierung werden hierbei effizient integriert, damit sich das gesamte Verfahren darauf konzentrieren kann, Frischwaren von bester Qualität so schnell wie möglich an den Kunden zu liefern.
Für Lebensmittelhändler, die auf Kundenwünsche eingehen, der wachsenden Nachfrage nach E-Commerce entsprechen und ihre Kosten gering halten möchten, wird der Einsatz von Dark Stores und MFCs immer unentbehrlicher. Das bedeutet, dass das richtige WMS – eines, das jede Art von Bestellung erfüllen und jedes Asset in größtmöglichem Umfang ausnutzen kann – eine entscheidende Rolle spielt.
Die aktuelle Lage hat viele in der Lebensmittelbranche vor Herausforderungen gestellt. Nichtsdestotrotz hat sich ein Weg in Richtung Zukunft aufgetan. In Verbindung mit flexibler, agiler Technologie bieten innovative Fulfillment-Methoden wie Dark Stores und MFCs Lebensmittelhändlern einen Weg, schnell und gewinnbringend auf eine sich verändernde Umgebung zu reagieren. Die Lebensmittelbranche ist nach wie vor wichtig. Führungskräfte werden alles vom First-Mile-Betrieb bis hin zu BOPIS und Last-Mile-Lieferungen anpassen und dauerhaft erfolgreich sein können.
Über den Verfasser
Jacky Marolleau ist als Director of Sales bei Manhattan Associates tätig und aktuell für den Vertrieb an strategische Großkunden in EMEA verantwortlich.
1https://www.forbes.com/sites/johnkoetsier/2020/06/12/covid-19-accelerat…